Lügen in der Politik

press conferenceWie Sie Lügner entlarven

Die Lüge ist die Schirmherrin der unfairen Rhetorik. Denn: Eine Lüge, die nicht entlarvt wird, wandelt sich in Wahrheit um. Das wissen auch Politiker. Falls sie ertappt werden: Was soll’s!

Ein Rücktritt erfolgt nur in ganz seltenen und gravierenden Fällen (Beispiele: Karl-Theodor zu Guttenberg, Christian Wulff). Schließlich ist die Lüge nichts Anderes als ein taktisches Abweichen von der erkannten Wahrheit.

Die Liste der 10 Top-Lügen aus der Politik: 1. „Niemand hat die Absicht, eine Mauer zu erreichten.“ – DDR-Staatsratvorsitzender Walter Ulbricht am 15.06.1961

2. „Wir wissen, wo sie sich befinden. In der Gegend um Tikrit und Bagdad und östlich, westlich, südlich und etwas nördlich.“ – die USA über angebliche Massenvernichtungswaffen im Irak, die scheinbar überall im Irak waren, aber leider niemals gefunden wurden.

3. „Ich gebe Ihnen mein Ehrenwort, mein Ehrenwort, das die gegen mich erhobenen Vorwürfe haltlos sind.“ – Uwe Barschel, CDU-Ministerpräsident Schleswig-Holstein am 18.09.1987 auf der „Ehrenwort-Pressekonferenz“, in der er beteuert, dass die gegen ihn erhobenen Bespitzelungsvorwürfe gegen Björn Engholm (SPD), haltlos seien.

4. „Ich kenne bis zum heutigen Tag keinen einzigen Vorgang außerhalb der offiziellen Buchhaltung der Christlich-Demokratischen Union.“ – Hessens Ministerpräsident Roland Koch im Zuge der CDU-Spendenaffaire. Kurze Zeit später musste er einräumen, dass der Rechenschaftsbericht der Landespartei offenkundig manipuliert worden war.

5. „Ich versichere es Ihnen: Ich will es nicht, und ich werde es nicht.“ – Grünen-Politiker Joschka Fischer in einem Interview der Süddeutschen Zeitung am 28.08.1997 auf die Frage, ob er in einer künftigen rot-grünen Bundesregierung Außenminister werden wolle. Ein Jahr später war er Außenminister.

6. „Selbstverständlich respektiere ich die Verfassung. Für mich ist eine weitere Amtszeit als Präsident unseres großen Landes ausgeschlossen.“ – Wladimir Putin 2008 in einem Interview mit der US-Zeitschrift Newsweek. Nach einem Ämtertausch mit Dimitri Medwedew war er wieder Präsident des großen Landes.

7. „Tatsächlich hat sich im Kraftwerk von Tschnernobyl ein betrieblicher Unfall ereignet, dessen Folgen jedoch äußerst geringfügig sind. Es besteht absolut kein Grund für Panik oder Furcht.“ – Wladimir Krjutschkow, Mitglied des Zentralkomitees der KPDSU am 29.04.1986. Während die UDSSR den Vorfall also zunächst leugnete, empfahl die amerikanische Katastrophenschutzbehörde den Menschen in den 50er-Jahren einfach, sich bei einem Fallout flach auf den Boden zu legen und eine Aktentasche über den Kopf zu halten.

8. Doppelplatz für Franz-Josef Strauß („Was mich angeht, so würde ich lieber Ananas in Alaska züchten als Bundeskanzler sein.“, 1968) und Edmund Stoiber („Meine Lebensaufgabe liegt in Bayern, nehmen Sie das bitte endlich zur Kenntnis. (…) Ich bin nicht Kandidat und werde es auch nicht.“, 2002). Beide CSU-Politiker warfen anschließend ihren Hut in den Ring um die Bundeskanzlerschaft.

9. „Mehr Demokratie als die, die wir praktizieren, gibt es in keinem anderen Teil der Welt.“ – Augusto Pinochet, ehemaliger Militärdiktator von Chile, skrupelloser Tyrann, vielhunderfacher Mörder und Strauß-Intimus.

10. „Ich werde mich nicht mithilfe der Linken zur Ministerpräsidentin wählen lassen.“ – SPD-Politikerin Andrea Ypsilanti 2008 vor der Wahl zum Amt der Ministerpräsidentin in Hessen.

„Je größer die Lüge, desto mehr Leute folgen ihr.“ Adolf Hitler

Die Durchschnittsperson geht zunächst davon aus, dass Aussagen wahr sind: Wir gewähren Mitmenschen bedenkenlos Vertrauenskapital, wenn sie nicht gerade Verkäufer, Banker oder eben Politiker sind (z.B. Ärzten, Taxifahrern, Kindermädchen, Kassierern, Mechanikern). Begründung: Als soziales Wesen sind wir darauf angewiesen, uns auf zahlreiche Personen zu verlassen – nur mit diesem Vertrauensfundament können wir unseren Alltag bewältigen.

Da wir beim 1. Eindruck zu 55 % auf die Körpersprache, zu 38 % auf die Stimme und nur zu 7 % auf den Inhalt achten, versuchen wir, Lügner vor allem durch verräterische körperliche Signale zu erkennen. Das klappt allerdings nur bei kleinen Kindern und Pinocchio. Gute Lügner verstehen es, selbst Experten wie Psychiater, Richter, Amtsärzte und Ehepartner überzeugend zu täuschen. Darum sind Lügendetektoren bei Verhören auch nicht zugelassen.

Lügner verraten sich fast ausschließlich durch die Wortwahl und Länge ihrer Aussagen: Lügner…

  • geben kürzere Antworten,
  • nennen weniger Details und
  • verwenden eine distanzierte und verallgemeinernde Wortwahl (Man-Botschaften, passive Formulierungen, Worte des Zweifels und Weichmacher). Bei Nebensächlichkeiten erfinden sie hingegen präzise Details.

Aus: Diabolische Rhetorik