Die Anker-Technik

anchorWie wir durch die erstgenannte Zahl beeinflusst werden

In einer Studie wurden Richter, die vor der Urteilsfindung in einem Vergewaltigungsfall standen, von Journalisten angerufen und mit einer Frage konfrontiert. Vorher wurden die Richter jedoch in zwei Gruppen eingeteilt:

In Gruppe A wurden die Richter gefragt: „Fällt die Strafe höher oder niedriger als drei Jahre aus?“

Gruppe B: „Fällt Strafe höher oder niedriger als ein Jahr aus?“

Ergebnis: Die Richter der Gruppe A entschieden sich für durchschnittlich 33, jene der Gruppe B nur für 25 Monate Haft. Je höher also die von den Journalisten genannte Zahl, desto strenger fiel das Urteil aus.

Erklärung: Das menschliche Gehirn hat im Laufe seiner Entwicklung gelernt, bestimmten Orientierungspunkten zu folgen (z.B. Sonne, Sternbilder, Wasser). Wir suchen daher überall unbewusst sog. Anker – z.B. in Form von Zahlen. Die erstgenannte Zahl dient dann als Anker bzw. Orientierungspunkt für die Entscheidungsfindung. Anker lassen sich in vielen Situationen manipulativ einsetzen. Beispiele:

  • Verkauf von Autos: Der Verkäufer bietet erst das Auto an und dann günstigeren Komponenten (z.B. Klimaanlage, Navi). Er weiß: Ist das Auto erst verkauft, fallen die vielen Extras kaum noch ins Gewicht.
  • Einzelhandel: Die überteuerte Kaffeemaschine dient als Köder, um die anderen Kaffeemaschinen als günstig erscheinen zu lassen. Darum entscheiden sich die meisten Kunden für das zweitteuerste Produkt.
  • Strafprozesse: Je höher die vom Staatsanwalt geforderte Strafe, desto strenger fällt das Urteil des Richters aus. Daher plädieren Anwälte mit Vorliebe für Höchststrafen.

Abwehr der Anker-Technik: Sich dieses Prinzips bewusst sein und gerade bei der erstgenannten Zahl skeptisch sein bzw. diese in Frage stellen.

Aus: Diabolische Rhetorik, Professionelle Verhandlungsführung, Beziehungsmanagement