Wie Verhalten Emotionen verursacht
Der gesunde Menschenverstand legt nahe, dass bestimmte Ereignisse und Gedanken bestimmte Gefühle erzeugen und so unser Verhalten beeinflussen. Beispiele:
- Sie gehen wegen einer Reifenpanne nachts durch einen dunklen Wald (Ereignis). Darum fühlen sie Angst (Emotion). Weil sie Angst verspüren, fangen sie an zu schwitzen (Verhalten).
- Sie werden ins Büro Ihres Chefs gerufen und bekommen eine Gehaltserhöhung (Ereignis). Als Sie das hören, verspüren Sie ein spontanes Glücksgefühl (Emotion) und verlassen mit einem breiten Grinsen das Büro (Verhalten).
- Sie denken daran, wie bei einer Präsentation vor Kunden plötzlich der Beamer ausfiel (Gedanke). Sofort steigt das Schamgefühl von damals in Ihnen wieder hoch (Emotion). Sie beschließen, sich vor Präsentationen in Zukunft möglichst zu drücken (Verhalten).
Demnach gilt folgende Reihenfolge: Ereignis/Gedanke → Emotion → Verhalten. Der amerikanische Psychologe und Philosoph William James (1842 – 1910) stellte dagegen in seiner Emotionstheorie folgende These auf: Menschen lächeln nicht, weil sie glücklich sind, sondern fühlen sich glücklich, weil sie lächeln. Demzufolge verursacht Verhalten Emotionen und nicht umgekehrt: Wenn wir einen Bären sehen, reagiert unser Körper instinktiv mit Fluchtverhalten und erzeugt Sekundenbruchteile später die passende Angstreaktion.
Die Vorstellung, dass Verhalten Emotionen verursacht, legt nahe, dass Menschen in der Lage sind, nahezu jedes erwünschte Gefühl dadurch zu erzeugen, indem sie sich so verhalten, als ob sie dieses Gefühl erlebten. Dazu James: „Wenn du eine bestimmte Eigenschaft haben willst, handle so, als ob du sie schon hättest.“ (Als ob-Prinzip).
Neuere Formen von James‘ Theorie verstehen die Beziehung zwischen Emotion und Verhalten als eine des Gebens und Nehmens: Menschen lächeln, weil sie glücklich sind und sind glücklich, weil sie lächeln.